Das Schuljahresende naht und damit auch die Zeugnisse.

Nach § 6, Abs. 4 der Notenbildungsverordnung (NVO) können in Zeugnissen (mit Ausnahme von Abschlusszeugnissen) „Bemerkungen zu häufigen Fehlzeiten「 gemacht werden. Dabei muss nicht einmal zwischen entschuldigten, z.B. krankheitsbedingten und unentschuldigten Fehlzeiten unterschieden werden.

Gerade dies hält der GEB Stuttgart für untragbar.

Bei Bewerbungen für eine Lehrstelle oder auch für einen Ausbildungsbetrieb für die duale Hochschule sind meist Zeugnisse vor dem Abschlusszeugnis erforderlich und dort haben entschuldigte, d.h. krankheitsbedingte Fehltage nichts verloren! In keinem Arbeitszeugnis ist dies zulässig – wieso dann bei den Schulzeugnissen???

Der GEB Stuttgart fordert daher alle, die krankheitsbedingte Fehltage in ihrem Zeugnis vorfinden, auf, folgende Hinweise aus Sicht der Redaktion des Eltern-Jahrbuchs zu beachten:

  1. Bei § 6 Abs. 4 der Notenbildungsverordnung handelt es sich um eine Kann-Bestimmung, damit ist eine Ermessensentscheidung im Einzelfall erforderlich. Wenn die Schule (also die nach § 6 Abs. 5 zuständige Klassenkonferenz bzw. Jahrgangsstufenkonferenz) über die bei einem Schüler vorgesehene Maßnahme nicht im Einzelfall berät und beschließt, sondern wenn dort ein Automatismus nach dem Motto läuft: „Zehnmal gefehlt, also Bemerkung「, dann liegt ein Ermessensausfall vor und die Entscheidung ist rechtswidrig.

  2. Wenn überhaupt, dann dürfen Fehlzeiten nur dann im Zeugnis angegeben werden, wenn Schüler/innen lange Zeit bzw. sehr häufig unentschuldigt gefehlt haben und alle anderen Versuche gescheitert sind, sie zu einer Änderung ihres Verhaltens zu bewegen. Dazu gehören z.B.: auf Schüler/innen und Eltern pädagogisch einzuwirken, Nachfrage bzw. Anhörung des Schülers bzw. der Schülerin, mündliche Ermahnung, Gesprächsangebot, Einbestellung zum Gespräch, schriftliche Ermahnung, Hausbesuch, Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen bis hin zum Schulausschluss, Ordnungswidrigkeiten-Verfahren, Einschaltung des Jugendamts ...).

  3. Die Eltern oder – volljährige – Schüler/innen, die von einem unpädagogischen Automatismus betroffen sind, können sich an die Schulaufsichtsbehörden wenden. Diese prüfen die Angelegenheit dann im Rahmen eines behördeninternen Kontrollverfahrens. Auf Seite 429 des aktuellen Eltern-Jahrbuchs ist beschrieben, was die Schule in einem solchen Fall zu erwarten hat: Sie muss nachweisen, welches Fehlverhalten wann und wie häufig vorlag und was sie im Einzelnen dagegen unternommen hat.

  4. Dies wird allerdings nur in den seltensten Fällen geschehen, denn in aller Regel geben die Betroffenen nach und verzichten auf die Anrufung des Regierungspräsidiums oder gar der Gerichte. Deshalb sind wir der Meinung, dass das Kultusministerium mit dieser Bestimmung einen falschen, unpädagogischen Mechanismus in Gang gesetzt hat, und befürworten jede Bemühung, sie wieder abzuschaffen.

Das „Eltern-Jahrbuch – Handbuch für Eltern und Elternbeiräte an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg「 erscheint 2012 im 11. Jahrgang (Auslieferung ab September). Verfasser sind Prof. Dr. Johannes Rux und Michael Rux. Das Eltern-Jahrbuch kann direkt beim Süddeutschen Pädagogischen Verlag oder über den Buchhandel bezogen werden. Einzelpreis 12 Euro (Staffelpreise siehe Homepage des Verlags: www.spv-s.de).